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Urteil des Bundesgerichtshofes vom 06.12.2022 – BGH - VI ZR 73/21 Die Höhe des Hinterbliebenengeldes hängt vom Einzelfall ab.

Die Höhe des Hinterbliebenengeldes hängt vom Einzelfall ab - Der Betrag von 10.000 € (Gesetzesentwurf CDU/CSU und SPD, BT-Druck 18/11397, S. 11) stellt allenfalls einen Richtwert und keine Obergrenze dar. Die Bemessung erfolgt insbesondere nach der Intensität des erlittenen seelischen Leids, nach dem Grad des Verschuldens des Schädigers und nach der Art des Näheverhältnisses zwischen Hinterbliebenem und Geschädigtem .

 

Die Klägerin, Tochter eines bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückten Mannes, verlangte von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners Zahlung eines angemessenen Hinterbliebenengeldes. Der 81-jährige Mann wurde von dem Versicherten der Beklagten bei der Ausfahrt von einem Parkplatz vorfahrtswidrig erfasst und verstarb noch am Unfallort. Die Klägerin stand mit ihrem Vater in einer sehr engen persönlichen Beziehung, verfügte über sämtliche Vollmachten und kümmerte sich auch sonst um alle Angelegenheiten seines täglichen Lebens. Durch den plötzlichen Unfalltod ihres Vaters litt die Klägerin unter Schlafstörungen und verlangt daraufhin die Zahlung von Hinterbliebenengeld.

 

Nachdem die Beklagte bereits vor der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens einen Betrag von 3.000 € an die Klägerin gezahlt hatte, verlangte sie Zahlung von mindestens weiteren 7.000 €. Das Landgericht wies die Klage allerdings teilweise zurück und verurteilte die Beklagte nur zur Zahlung von 3.500 €. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein und das Oberlandesgericht verurteilte die beklagte Haftpflichtversicherung daraufhin zur Zahlung von 7.000 €. Um das Urteil des Landgerichtes wiederherzustellen ging die Beklagte nun vor den Bundesgerichtshof.

Dieser befasste sich nunmehr umfassend mit der Fragestellung, in welchen Fällen und in welcher Höhe beim Tod eines Angehörigen ein Hinterbliebenengeld zu zahlen ist:

Gem. § 10 Abs. 3 StVG steht einer Person beim Unfalltod eines nahen Angehörigen, der dadurch konkret beeinträchtigt ist, eine Entschädigung in Geld zu. Im Vergleich zum Schmerzensgeld, welches eine eigene physische oder psychische Verletzung ausgleichen soll, ist Hinterbliebenengeld zu zahlen, wenn der Angehörige durch den Verlust einer geliebten Person erheblich trauert, also seelisch beeinträchtigt ist. Unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ist es dabei die komplexe Aufgabe des Gerichtes eine genaue Anspruchshöhe zu bemessen. Dabei spielen wichtige Grundsätze des allgemeinen Schadensrechts eine Rolle. Die Ausgleichsfunktion kann zwar die erlittenen seelischen Beeinträchtigungen nicht vollständig ausgleichen, das seelische Leid aber zumindest lindern. Daneben steht die Genugtuungsfunktion, die dem Hinterbliebenen durch Geldzahlung Genugtuung zusprechen soll. Um nun einen genauen Betrag zu ermitteln, müssen alle Umstände des einzelnen Falles berücksichtigt werden. Daher kommt es entscheidend darauf an, wie intensiv und über welchen Zeitraum der betroffene Angehörige das schmerzhafte Ereignis erleiden musste, in welchem Näheverhältnis die hinterbliebene Person zum Geschädigten stand und auf welche Art die konkrete Beziehung zwischen Ihnen ausgelebt wurde. Im vorliegenden Fall ist eine sehr enge Beziehung zwischen Vater und Tochter anzunehmen, die auch konkret so ausgelebt wird, da die Klägerin sich u. a. um alle Angelegenheiten um ihren Vater kümmerte. Der BGH betont dabei zudem, dass das Hinterbliebenengeld im Gegensatz zum Ersatz von Schockschäden (Beitrag aus Oktober 2023), welche eine eigene Gesundheitsverletzung des Anspruchsstellers voraussetzen, auch Beeinträchtigungen unterhalb dieser Schwelle ersetzen soll, die sich gerade aus der tiefen Trauer über den Tod eines Angehörigen ergeben.

Der BGH stellt weiterhin fest, dass der Betrag von 10.000 €, der sich in der Kostenschätzung des Gesetzesentwurfs befindet, nur ein „Anker“ bzw. eine „Orientierungshilfe“ darstellt und bei der Bezifferung sowohl in die Höhe als auch in die Tiefe je nach konkretem Einzelfall abgewichen werden kann. Zwar argumentiert das Berufungsgericht, dass sich die Bemessung dabei auch in das stimmige Gesamtgefüge des deutschen und europäischen Entschädigungsniveaus einzufügen habe, allerdings hält der BGH dem klar entgegen, indem er betont, dass die einem Angehörigen zustehende Entschädigung nur in Ansehung der in Deutschland geltenden Lebensverhältnisse bemessen werden dürfe. Ein Vergleich mit Dritt Staaten, in denen andere Rechtsgrundsätze herrschen, sei insoweit nicht stichhaltig.

Insgesamt hebt der BGH das Berufungsurteil auf und verweist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück zum Berufungsgericht, wobei die Bemessung der Höhe dem dortigen Tatrichter vorbehalten ist. Eine Entscheidung im Hinblick auf die exakte Höhe des Hinterbliebenengeldes die der hinterbliebenen Frau im vorliegenden Fall zusteht trifft der BGH also in diesem Urteil nicht. Im Hinblick auf die komplexe Bemessung des Hinterbliebenengeldes auch in zukünftigen Fällen setzt er jedoch eine aussagekräftige Leitlinie.


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