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WAZ vom 23.03.2018 Mann wirft Feuerwehr Fehler vor Sabrina Diehl Fachanwältin für Medizinrecht Schadensersatz Schmerzensgeld Behandlungsfehler Schlaganfall(Download als PDF)

39-Jähriger klagt: Rettungszentrale hat nach Notruf nicht richtig reagiert. Erstes Gutachten gibt ihm laut Anwältin Recht. Auf Rollator angewiesen

Ein Gerichtsverfahren hat der 39-Jährige angestrengt, der der Rettungsdienstzentrale der Feuerwehr vorwirft, in seinem Fall nicht richtig reagiert zu haben.
Das berichtet jetzt seine Anwältin Sabrina Diehl. Inzwischen liege auch ein Gutachten von Experten aus dem Franziskus-Hospital in Münster vor, das die Sichtweise ihres Mandanten unterstütze, so die Juristin.

"Es liegt ein Verstoß gegen elementare Grundsätze des Rettungsdienstes vor" (Sabrina Diehl, Anwältin)

Was ist geschehen? An einem Morgen im Juli 2016 hatte sich der Herner nach seinen Angaben um 9 Uhr in der Rettungszentrale gemeldet, da er unter Kreislaufproblemen und Schweißausbrüchen litt. Schon gleich nach dem Aufstehen habe er sich nicht wohl gefühlt, erinnert sich der Herner, der in seiner Wohnung alleine lebt.

Laut der Oberhausener Juristin, Fachanwältin für Medizinrecht, hat er der Rettungsdienstzentrale geschildert, dass er gar nicht laufen könne und das sein linker Arm kribble. Der Herner gab demnach am Telefon noch seiner eigenen Vermutung Ausdruck, wahrscheinlich einen Schlaganfall erlitten zu haben. Doch, so die Darstellung von Mandant und Anwältin, habe die Rettungszentrale ihm geraten, sich an den ärztlichen Notdienst zu wenden. Den versuchte er um 9.20 Uhr zu kontaktieren - ohne Erfolg. Als er gegen kurz vor 10 Uhr ein weiteres Mal versucht habe, sei er erfolgreich gewesen. Da aber sei der Ernst der Lage erkannt und sofort ein Krankenwagen geschickt worden. Das bedeutet: Die Rettungssanitäter kamen demnach etwa eine Stunde nach dem ersten Telefonkontakt.

Das nun vorliegende Gutachten bescheinigt, wie die Marler Juristin erläutert, dass "ein Verstoß gegen elementare Grundsätze des Rettungsdienstes vorliege". Der Herne leide seither unter Gleichgewichtsstörungen, könne keine längere Strecke selbstständig gehen. Auch bei kleineren Entfernungen sei er auf die Hilfe seines Rollators angewiesen. Ebenfalls sei sein Kälte- und Wärmeempfinden gestört.

Nach Angaben eines Sprechers des Bochumer Landgerichts - dort liegt der Fall bei der sechsten Zivilkammer - ist nun noch ein zweites, ein neurologisches Gutachten in Auftrag gegeben worden.Fachleute des Klinikums im niedersächsischen Coppenbrügge sollen nach Informationen der WAZ klären, ob die medizinischen Folgen, unter denen der 39-Jährige leidet, in Zusammenhang mit dem Vorwurf stehen, die Rettungszentrale habe nicht angemessen reagiert. Wann ein Ergebnis vorliegt, ist derzeit noch nicht bekannt.

75.000 Euro Schmerzensgeld
Der 39-Jährige Kläger macht Schmerzensgeld in Höhe von 75 000 Euro geltend. Stadtsprecher Christoph Hüsken wollte sich zu den Vorgängen nicht äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.


 Bild am Sonntag vom 01.10.17 Tod nach Behandlungsfehler Fachanwltin fr Medizinrecht Sabrina Diehl Patientenanwltin Schadenersatz

 

Tod nach Behandlungsfehler

Seit zweieinhalb Jahren ist ihr Mädchen nicht mehr da. „Geld macht unsere Leni nicht wieder lebendig“, sagt Matthias Hoffmann (47, Name geändert). Klar, wen interessiert schon Geld, wenn das eigene Kind tot ist? Der Vater: „Es geht uns nur darum, dass anerkannt wird, was Leni und was wir durchgemacht haben.“ Durchmachen mussten. Aufgrund von Behandlungsfehlern im Krankenhaus. Leni starb mit fünf Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung, die im St. Marien Hospital Vechta (Niedersachsen) zu spät erkannt worden war. Obwohl Lenis Eltern die Ärzte immer wieder angefleht hatten, ihr schwer hustendes Kind endlich röntgen zu lassen. Ein Gutachten der Staatsanwaltschaft Oldenburg stellte fest, das Kind habe durch die verschleppte Diagnose die Antibiotika gegen die Infektion mindestens eineinhalb Tage zu spät erhalten. Es sei „anzunehmen, dass der Tod (…) bei korrekter Behandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre.“

 

Heute warten die Eltern noch immer auf ein Angebot der Versicherung des Krankenhauses, das sie akzeptieren können. Insgesamt 19 000 Euro bietet die R+V-Versicherung außergerichtlich an. Die R+V schreibt, diese Summe sei nicht verhandelbar.

 

R+V-Sprecher Karsten Eichner erläutert gegenüber BILD am SONNTAG, der Großteil der Summe sei für den „materiellen Schaden“ gedacht. 8500 Euro für die nachgewiesenen Beerdigungskosten. 4000 Euro – nach Einreichung entsprechender Belege – als Entschädigung für die Eltern. Sie hatten nach Lenis Tod unter anderem durch die Behandlung in einer psychosomatischen Reha-Klinik Verdienstausfälle. Die Versicherung der Klinik setzte als Schmerzensgeld für das Leiden des Kindes 6500 Euro an. „Angesichts des Leidensweges des Kindes ein Schlag ins Gesicht der Eltern“, sagt Patientenanwältin Sabrina Diehl (36) aus Marl (NRW). Sie vertritt die Familie. Klar: Wer will schon auf den Euro bemessen, was das Leben eines Kindes wert ist? Anwältin Diehl zieht einen Vergleich: „Wenn in Deutschland an einer Sache, zum Beispiel einem Auto, ein Schaden entsteht, wird schnell bezahlt, anstandslos auch Zehntausende Euro.“ Ein Gutachten wird erstellt, ein Gericht entscheidet, die Schadenssumme wird beglichen. So wie in dieser Woche, als das Landesgericht Gießen 5100 Euro dem Kläger zusprach, weil ein Esel den Lack seines Sportwagens beschädigt hatte.

 

Bei der Frage, welcher „Schaden“ durch den Verlust eines Menschen entsteht, da tun sich deutsche Gerichte schwer. Anwältin Diehl: „Das muss sich ändern.“

Schmerzensgeld „für das familiäre Leid von Angehörigen sieht der deutsche Gesetzgeber, anders als beispielsweise in den USA, nicht vor“, so R+V-Sprecher Eichner zu BILD am SONNTAG. Das stimmt für den Fall Leni, der über zwei Jahre zurückliegt. Inzwischen hat sich die Rechtslage geändert. Seit Juli ist im Bürgerlichen Gesetzbuch der Paragraf 844, Absatz 3 in Kraft. Das sogenannte Hinterbliebenengeld. Werden Ehepartner, Kinder oder ein Elternteil durch einen Unfall oder auch einen Behandlungsfehler getötet, hat der Verursacher „dem Hinterbliebenen für das seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten.“

 

Das bedeutet eine große Erleichterung für nahe Angehörige: Sie müssen nicht erst durch Atteste beweisen, dass sie leiden. Es versteht sich von selbst. In anderen EU-Ländern gibt es sogar ein pauschales Trauer-Schmerzensgeld, in Italien zum Beispiel 50 000 Euro. Der deutsche Gesetzgeber dagegen hat sich gescheut, eine konkrete Summe zu nennen. Die Gerichte werden von Fall zu Fall entscheiden müssen, was „angemessen“ ist. Für den Fall Leni gilt das neue Hinterbliebenengeld noch nicht. Anwältin Sabrina Diehl will dennoch Klage gegen die Versicherung einreichen.

 

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 Mamma Mia von Oktober 2017 Knnte Ariane noch leben Fachanwltin fr Medizinrecht Sabrina Diehl Apotheker Stadtmann Medikamente

Der Kampf für ein kleines bisschen Gerechtigkeit

Als Ariane im August 2012 an Brustkrebs erkrankte, war der Schock groß. Bereits ihre Mutter war in früheren Jahren an den Folgen ihrer Brustkrebserkrankung gestorben. Doch Ariane beschloss, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern sich zu informieren und sich aktiv mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen. Sie galt als sogenannte Vorzeigepatientin, die ihre Krankheit angenommen und sich durch viele Foren im Internet, Fachliteratur und persönliche Gespräche weitergebildet hatte. Sie befand sich vom Wissensstand her auf Augenhöhe mit den Ärzten und konnte so sehr viel Feedback geben. So kam auch der Zeitpunkt, an dem sie sich wunderte, dass bei ich typische Nebenwirkungen der Krebstherapien ausblieben. Schließlich wusste sie, mit welchen Begleiterscheinungen sie rechnen musste. "Es ist zum Verrückt werden, bei mir hilft nichts, der Krebs breitet sich immer weiter aus", erzählte sie beim Mamma Mia! Wochenende für Frauen mit einer metastasierten Brustkrebserkrankung. Die Bedeutung dieses grausamen Satzes erhielt wenig später eine ganz neue Dimension. Doch der Reihe nach.

"Die Diagnose war ein großer Schock für die gesamte Familie, aber insbesondere für Ariane, weil ihre Mutter sehr früh an dieser Krankheit verstarb. Trotzdem hatte sie immer die Hoffnung, dass sich die Behandlungsmethoden in den letzten 20 Jahren um einiges verbessert hatten und so ging sie den Wahnsinn, 'Chemotherapie' mit einer unbändigen Kraft an", erzählt Oliver, ihr Mann. "Die darauffolgenden Wochen/Monate waren für sie die Hölle und sie tat mir so unendlich leid, diese Qualen ertragen zu müssen. Nach der Chemo und der darauffolgenden Operation waren wir guter Dinge, dass sie alles überstanden hatte und wir begannen, wieder Pläne zu schmieden. Leider war die Freude und Hoffnung nur von kurzer Dauer, weil sich nach circa sechs Wochen der angeblichen Krebsfreiheit ein Rezidiv einstellte und dann eigentlich der große Leidensweg begann."

Es folgte die Abnahme einer Brust mit einer anschließenden Wundheilungsstörung. "Mehrmals in der Woche wurde der Schwamm unter Narkose gewechselt. Irgendwann haben die Ärzte kapituliert, es folgte eine weitere plastische Operation, durch die endlich die Wunde geschlossen werden konnte", erinnert sich Oliver. Trotzdem war Ariane nicht krebsfrei, der Tumor in der Lymphbahn der Achselhöhle wucherte weiter und brach schließlich durch die Haut durch. "Ariane hatte mehrere Jahre eine offene Wunde in der Achsel. Es folgte Chemo auf Chemo aber er wuchs immer weiter. Genau in dieser Zeit  stellte sie sich immer wieder die Frage, warum gewisse Nebenwirkungen ausblieben. So sagte sie mal, warum ihre Nägel nicht rausfielen bei einer gewissen Chemo, das war doch bei fast allen Patienten so, die damit behandelt wurden."

Wenig später wurden Lungenmetastasen diagnostiziert, die für einen kurzen Zeitraum kontrolliert werden konnten, dann aber auch an Größe und Anzahl zunahmen. Anfang 2017 schließlich wurden Hirnmetastasen festgestellt, die bestrahlt wurden. Doch es gab keine Rettung für Ariane, sie starb Ende April.

In der Zwischenzeit, Ende November 2016, wurde ein Apotheker in Bottrop festgenommen. Durch die Aussage seiner Mitarbeiter entstand der Verdacht, er habe über Jahre Chemotherapien und Antikörper-Infusionen für Krebspatienten zu niedrig dosiert, um seinen finanziellen Gewinn zu erhöhen. Von diesem Apotheker in Bottrop bezog auch Ariane ihre Medikamente. "Ariane war bis zuletzt der festen Überzeugung, dass der Apotheker auch ihr Leid zugetragen hatte und dass sie länger hätte leben können", berichtet Oliver. Anfang des Jahres erstattete  sie Anzeige bei der Polizei. Doch sie sollte den Prozessausgang nicht erleben. "Der Gedanke für mich als Ehemann und für meine drei Kinder, dass dieser Apotheker die Lebenszeit von Ariane verkürzt habenkönnte, wahrscheinlich auch hat, macht uns unfassbar wütend". Oliver findet keine Ruhe. Schließlich wendet er sich an die Rechtsanwältin Sabrina Diehl, die sich auf Medizinrecht spezialisiert hat. Er möchte als Nebenkläre gegen den Apotheker vorgehen. Frau Diehl erklärt, welche rechtlichen Möglichkeiten Betroffene in diesem Fall haben:

"Im Allgemeinen ist es so, dass die geschädigten Patienten hier grundsätzlich zwei Möglichkeiten haben, sich zu wehren. Zum einen besteht die Möglichkeit, Strafanzeige zu erstatten, wegen Körperverletzung, möglicherweise auch wegen zumindest versuchter Tötungsdelikte. Viele haben auch schon Anzeige erstattet, allerdings hat sich auch gezeigt, dass die Staatsanwaltschaft hier weiter nicht ermittelt, da die Beweislage sehr schwierig ist. Hier muss der Nachweis einer Manipulation und einer konkreten Schädigung mit einer Sicherheit von fast 100% nachgewiesen werden. Das ist kaum möglich.

Zivilrechtlich gibt es die Möglichkeit, Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche geltend zu machen. Die Beweislast in einem Zivilverfahren ist nicht so streng. Gerade die Herstellung von Arzneimitteln unterliegt strenger Dokumentationspflichten. Vereinfacht gesagt muss letztendlich der Herstellungsweg und auch der Bezug vom Patienten zum Hersteller lückenlos nachvollziehbar sein. Es ist kaum vorstellbar, dass der beschuldigte Apotheker diesen Anforderungen gerecht wurde, bedenkt man, dass die Staatsanwaltschaft berechnet hat, dass in rund 62.000 Fällen die Medikamente nicht ordnungsgemäß hergestellt worden sind. Sowohl die Patienten selbst, als auch die Hinterbliebenen Angehörigen haben die Möglichkeit, dann Schadensersatzklagen einzureichen. Es handelt sich hierbei um einen Fall, der einzigartig ist. Einen vergleichbaren Fall, den man als Erfahrungswert zugrunde legen kann, gibt es nicht.

Auch wenn natürlich ein gewisses Prozessrisiko immer noch gegeben ist, sehen wir zumindest auf zivilrechtlichem Wege bessere Chancen als auf strafrechtlichem Wege. Auch  wenn es in einem Zivilverfahren nur um Geld geht, so bedeutet es dann doch auch letztendlich Absicherung der geschädigten Patienten beziehungsweise der hinterbliebenen Angehörigen. Denn es geht um Schmerzensgeld, aber auch um Schadensersatz wie beispielsweise Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, Aufwendungen für behindertengerechtes Wohnen und so weiter.

Genauso verhält es sich auch in der hiesigen Angelegenheit. Wir sammeln derzeit die Informationen, insbesondere die Behandlungsunterlagen. Auffällig ist hier vor allem auch, dass die Patientin nicht unerfahren war, was eine Chemotherapie und auch die Nebenwirkungen anbelangt. Als sich hier ein Rezidiv gezeigt hatte, wurde die Chemotherapie wieder begonnen. Hierbei hatte sie das Gefühl, dass diese überhaupt keine Wirkung zeige, nicht einmal die üblichen Nebenwirkungen.  Dies war ihr damals bereits aufgefallen, allerdings ist sie damals nicht davon ausgegangen, dass sie möglicherweise unterdosierte Medikamente erhalten hatte. Rückblickend erklärt sich dies zumindest für die Hinterbliebenen. Aus den bereits jetzt vorliegenden Informationen ergibt sich, dass sie auch teilweise Medikamente erhalten hatte, die auf der von der Stadt Bottrop veröffentlichten Liste sind. Hier hatte sich ja besonders gezeigt, dass die abgerechneten Mengen der Medikamente nicht mit dem Waren-Eingang übereinstimmten, sodass sich hier auch der Verdacht erhärtet, dass die fehlenden Nebenwirkungen darauf zurückzuführen sind, dass die Patientin mit unterdosierten Medikamenten versorgt wurde.

Es ist so, dass es keine Möglichkeit einer sogenannten 'Sammelklage' gibt, wie es sich leider immer wieder in den Medien findet. Es muss jeder Einzelfall aufgearbeitet werden, jeder Einzelfall wird gutachterlich bewertet werden. Wir werden allerdings mit Sicherheit mit den ersten gerichtlichen Verfahren zumindest schon mal dien Einschätzung des Landgerichtes  erlangen können, wie es insgesamt auch die Beweislasten sieht, sodass dann auch andere  Geschädigte und Angehörige das eigene Prozessrisiko deutlich besser einschätzen können.

Es ist in jedem Fall der richtige Weg, sich professionell beraten zu lassen. Hierzu gibt es die Hotline der Stadt Bottrop (Telefon-Hotline +49(0)2041 704488) und Fachanwälte für Medizinrecht. Sollte der Betroffene Rechtsschutz versichert sein, übernimmt auch diese die Kosten für ein Beratungsgespräch mit einem Anwalt. Ansonsten kann es sein, dass man Anspruch auf Beratungshilfe hat. Niemand sollte sich davon verunsichern lassen, wenn der eigene Arzt einen komplett als mögliches Opfer ausschließt. Selbst in einigen der bereits bestehenden Mandate war dies der Fall und ich glaube trotzdem stark, dass sie Opfer des mutmaßlichen Medikamentenbetrugs wurden", erklärt Sabrina Diehl.

Oliver weiß, dass er Ariane nicht zurückbekommt. Was er möchte, ist Gerechtigkeit - für Ariane und all die anderen Krebspatienten, die aus Geldgier möglicherweise falsch behandelt wurden. Und für sich und seine Kinder. Schließlich sagt er einen Satz, den jeder, der Ariane kannte, sofort unterschreiben würde: "Ariane hat trotz ihrer schweren Erkrankung vielen Menschen noch Kraft gegeben und stand immer allen anderen mit Rat und Tat zur Seite". Möge die Gerechtigkeit siegen, wäre wirkungsvoller Schlusssatz einer solchen Geschichte. Doch egal was kommt - ist es angesichts dieses Leids und dieser unglaublich grausamen Geschichte überhaupt möglich, Gerechtigkeit zu erlangen? Kaum denkbar. Vielleicht ein kleines bisschen. Und dafür, nicht für mehr und nicht für weniger, kämpfen Oliver und andere Opfer des skrupellosen Apothekers aus Bottrop.

 

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WAZ vom 28.07.2017 Herr Lehmann kämpft um sein Leben Fachanwältin Sabrina diehl Fachanwältin für Medizinrecht Schadensersatz Schmerzensgeld Apotheker Zyto Pfusch
Der Bottroper Familienvater bekam Krebsmedikamente von jenem Apotheker, der sie gestreckt haben soll. Hat er eineinhalb Jahre verloren? Bottrop. Wie viel sind eineinhalb Jahre? Eineinhalb Jahre für einen Menschen, der weiß, dass er Krebs hat. Der Medikamente bekommt, um ihn zurückzudrängen, kleinzukriegen. Der aufhört zu arbeiten, damit er Zeit und Kraft hat für die Therapie. Der hofft auf ein längeres Leben. Und der nach eineinhalb Jahren erfährt, dass es womöglich umsonst war. Hartmut Lehmann, 64, bekam seine Chemo von jenem Bottroper Apotheker, der beschuldigt wird, Medizin verkauft zu haben, die kaum oder gar nicht wirkte. "Eineinhalb Jahre fehlen schon mal", sagt Lehmann. "Vielleicht wäre sonst alles ganz anders gewesen."

 

Es war ein Tag Ende Juni 2015, und was war schon "zu spät": Der Vater von drei Kindern und Großvater von fünf Enkeln ging zum Arzt, weil er Schmerzen beim Sitzen hatte. Über 620 war er und noch nie bei der Vorsorge gewesen. Es dauerte etwas, bis er die Diagnose begriff: Tumor im Darm, die Leber voller Metastasen, inoperabel, unheilbar. Es ging um "Lebenszeitverlängerung", von Anfang an. Hartmut Lehmann hat die Krankheit "frühzeitig sortiert", zwei Ordner füllt sie inzwischen, "fast so viel Arbeit wie früher" als Ingenieur. Es ist "Bahner" gewesen, bei der Bogestra und für Siemens in der ganzen Welt. Die Ordner sind jetzt ein Vorteil: Er kann belegen, wann er welches Medikament aus der Apotheke bekam. Sie stehen alle auf der Liste der Staatsanwaltschaft: 5-Fluorouracil, Bevacizumab, Folisäure, Irinotecan, Oxaliplatin. Er sagt, er durfte sie "genießen, zweifelhafterweise".

 

Er kann ja nicht beweisen, dass sie wirkungslos waren. "Aber ich muss annehmen, dass sie gepantscht waren." Im November 2016, ungefähr zeitgleich mit der Festnahme des Apothekers, zog sein Onkologe die Reißleine: "Wir müssen handeln." Die Tumormarker waren alarmierend hoch, alle paar Monate hatten die Ärzte kontrolliert, "und immer war nur eine Verschlechterung festzustellen." Nicht mal eine Stagnation, "was ja schon ein Erfolg ist". Lehmann sagt, "jetzt wissen wir warum".

 

Aber wirklich wird er es nie wissen. Möglich, dass die Chemo einfach nicht gewirkt hat bei ihm. Möglich, dass sie keine war. Der 64-Jährige hatte kaum Nebenwirkungen, eine aber kostete ihn fast das Leben: eine Lungenembolie. "Ein bisschen was muss also drin gewesen sein." Er hat seinen Arzt von der Schweigepflicht entbunden, er hat gefragt: "Was ist hier los?" , aber der Arzt wusste es auch nicht. "Die eineinhalb Jahre", hat Lehmann gesagt, "sind wohl für die Katz". Der Doktor erwiderte: "Aber Sie haben sie überlebt."

 

Die Wut kostet Kraft
Hartmut Lehmann ist jetzt Rentner, er hätte Zeit für die Enkel, deren Bilder er stolz zeigt. Für sein Hobby, die Fotografie. Für den Campingplatz in Holland. Aber er ist dauernd im Krankenhaus oder in der Praxis, gleich gegenüber der Apotheke, er hat 20 Kilo abgenommen, das volle Gesicht ist schmal geworden. Die Wut kostet ihn zusätzliche Kraft. Wieso wird eine Apotheke, die für Tausende, lebenswichtige Medikamente herstellt, so selten kontrolliert?" Jede Pommesbude wird häufiger überprüft."

 

Ohnmächtig fühlt sich Lehmann, "fassungslos" ist er, "Wahnsinn!", sagt er immer wieder. Er versteht nicht, "was in so einem Menschen vorgeht". Und er will sie alle auf der Anklagebank: die nicht genug kontrollierten, die zusahen. "Wegen unterlassener Hilfeleistung" und "damit so was nicht noch mal vorkommt". Auch wenn er jetzt klagen wird vor Gericht; es gibt keine Genugtuung für ihn, keine neue Lebensqualität, keine Lebenszeit, "das geht alles nicht".

 

Aber Hartmut Lehmann möchte "wachrütteln" und eine "gerechte Strafe" für den Beschuldigte. Er nennt ihn "den werten Herrn".

 

Der 64-Jährige hat in Essen eine Lebertherapie bekommen, sechs Eingriffe, danach Bestrahlung, nun Chemo mit Tabletten. "Die Waffen werden weniger", sagt Lehmann. Zwei Möglichkeiten noch, haben die Ärzte gesagt, er hat jetzt auch Metastasen in der Lunge. Und neuerdings schmerzen in der Schulter und schlimmer noch das Bein.

 

Trotzdem hält Lehmann sich gerade, den Kopf oben. "Ich könnte kleine Bäume ausreißen" - jedenfalls im Sitzen. Er lächelt. Er lächelt viel, er ist ein Kämpfertyp. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt er oder: "In der ecke sitzen und heulen bringt nichts." Er findet man "muss sachlich bleiben". Zu sachlich für seine Frau, das weiß er. "Für die Familie ist es schlimmer." Vielleicht tut er aber auch nur so. "Im Inneren wühlt es einen doch auf." Hätte, wäre könnte… Hartmut Lehmann schaut zur Seite. '"Es sind immer noch eineinhalb Jahre, die fehlen."

 

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