Er soll Krebsmedikamente gepanscht haben. Richter sehen Fluchtgefahr. Patienten klagen
Bottrop/ Hamm
Der Apotheker aus Bottrop, der Krebsmedikamente in mehr als 50 000 Fällen gepanscht und teuer verkauft haben soll, bleibt in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht in Hamm begründete eine entsprechende Anordnung am Mittwoch mit "deutlicher" Fluchtgefahr.
Peter S., ein in der Stadt als Wohltäter angesehener Bürger, sitzt bereits seit dem 29. November in Haft. Ihm werden schwere Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz, aber auch Betrug, vorgeworfen. In seiner Apotheke in der Bottroper Innenstadt soll er minderwertige Medikamente hergestellt haben, dabei die Hygieneregeln missachtet und mindestens 59-mal falsch abgerechnet haben. "Gewerbsmäßig", vermerkt der 5. Strafsenat des Gerichtes gleich zweimal in seiner Entscheidung.
Den 47-jährigen bezeichnen die Richter als "dringend tatverdächtig": Bislang hätten Untersuchungen der Ermittler bei den sichergestellten Präparaten "zum Teil massive Mindergehalte der vorgeschriebene Wirkstoffe bestätigt"- Dazu seien Aufzeichnungen ausgewertet und dokumentiert worden sowie Hersteller der Wirkstoffe befragt. Weil diese Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, aber auch "nicht schneller betrieben" werden konnten, muss S. in U-Haft bleiben - und damit schon jetzt länger als die gesetzlich zugelassenen sechs Monate.
Einen "deutlichen Fluchtanreiz" sieht das Oberlandesgericht wegen der "Vielzahl der Taten und der Schwere der Vorwürfe". Der Beschuldigte habe mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe zu rechnen. Zudem gebe es bereits zivilrechtliche Ansprüche von Krankenkassen und Patienten.
Tatsächlich haben Betroffene den Apotheker angezeigt: die Patientenanwältin Sabrina Diehl aus Marl bereitet darüber hinaus eine Zivilklage vor. Die Juristin wirft S. vor, "aus Geldgier mit dem Leben von Menschen gespielt" zu haben.
Ihre Mandanten sind Krebspatienten, die ihre Hoffnung in die Immuntherapie gesetzt hatten, die ihre Medizin aus Bottrop bezogen und nun fürchten, wertvolle Lebenszeit verloren zu haben. Oder sie sind Hinterbliebene von inzwischen Verstorbenen.
Körperverletzung mit Todesfolge
Eine Frau berichtet, dass ihre Tumormarker trotz der Behandlung stiegen - und nach Bekanntwerden der Vorwürfe und der Umstellung auf Medikamente einer anderen Apotheke sanken. Für Sabrina Diehl erweitert das den Katalog der Vorwürfe um Körperverletzung mit Todesfolge. "Der Tod wurde billigend in Kauf genommen."